08 September, 2009

Der Despotismus von einst ist die moderne Demokratie von heute

Der Despotismus, der seinem Wesen nach furchtsam ist, sieht in der Vereinzelung der Menschen das sicherste Unterpfand seiner Dauer, und er bemüht sich gewöhnlich sehr sorgfältig, sie voneinander abzusondern.

Kein Laster des menschlichen Herzens sagt sagt ihm so sehr zu wie die Selbstsucht: Ein Gewaltherrscher verzeiht den Regierten gern, dass sie ihn nich lieben, sofern sie sich gegenseitig nicht lieben.

Er fordert zur Lenkung des Staates von ihnen keine Hilfe; es genügt, dass sie nicht beanspruchen, sich selbst zu lenken.
Er nennt unruhige Störenfriede solche, die ihre Anstrengungen vereinen wollen, um das Wohlergehen der Allgemeinheit zu sichern, und mit einer Verdrehung des natürlichen Wortsinns nennt er diejenigen gute Bürger, die sich eng in sich abschließen.

Somit sind die Laster, die der Dspotismus erzeugt, gerade die, welche die Gleichheit begünstigt. Diese zwei Dinge ergänzen und untestützen sich wechselwirkend in unheilfoller Weise.

Die Gleichheit stellt die Menschen nebeneinander, ohne das ein gemeinsames Band sie zusammenhält. Die Gewaltherrschaft errichtet Schranken zwischen ihnen und trennt sie. Sie ermuntert sie, nicht an ihresgleichen zu denken, und macht aus der Gleichgültigkeit eine Art öffentliche Tugend.
- Alexis de Tocqueville (1805-1859)