30 Dezember, 2009

Die Oligarchie der Mehrheitsmogler

Eine parlamentarische Demokratie, so haben wir schon in der Schule gelernt, ist eine Regierungsform, in der der Souverän, also das bürgerliche Volk, sich in Interessensvereinigungen, vulgo Parteien, zusammenschließen soll, die widerum stellvertretend je nach Mehrheitsverhältnissen die Interessen im Parlament vertreten und durchsetzen sollen.

Nach jedem Wahlgang stellt sich die Frage, ob die Parteien, die Mehrheitsverhältnisse der Bevölkerung objektiv widergegeben haben.

Spiegeln die Parteien besagte Mehrheitsverhältnisse qua der relativen Wahlanteile an der Bevölkerung wider oder qua der absoluten Wahlanteile, gemessen an der Wahlbeteiligung.

Man kann natürlich auch fragen, ob die Mitgliederzahlen der im Parlament vertretenen Parteien die Mehrheitsverhältnisse abbilden. Und da sieht es dann eher düster aus.

Dankbarerweise haben sich die Frankfurter Rundschau und das Handelsblatt die Arbeit gemacht und nachgefragt, welche Mitgliederzahlen, also welche gesamtgesellschaftliche Legitimation, die regierenden Parteien eigentlich derzeit haben.
Die Zahlen sind eher ernüchternd:
  • CDU: 522.944 Mitglieder
  • SPD: 513.340 Mitglieder
  • CSU: 165.000 Mitglieder
  • Linkspartei: 77.645 Mitglieder
  • FDP: 71.996 Mitglieder
  • Bündnis90/Grüne: 48.163 Mitglieder
Ein Land mit 83 Millionen Bürgern wird also in Summe von Vertretern von 759.940 Parteimitgliedern regiert, insgesamt reden die Vertreter von 2.159.028 Parteimitgliedern mit. Das sind 2,6 Prozent der Gesamtbevölkerung.

23 Dezember, 2009

Danke, Jungle World, für die Aufmerksamkeitsspritze

Hoffentlich bekomme ich so die Aufmerksamkeit, die ich immer gesucht habe:
»Sex mit Britney dank CIA-Routenplaner: Porno-Lesben mit Schweinegrip­pe kastrieren blutjunge Hitler-Aliens in Tokio Hotel«
Und wie haben Sie mich gefunden?

Ebay war gestern

3 - 2 - 1...und wieder nix!
Wer kennt nicht das Gefühl der Ohnmacht, das sich einstellt, wenn sich nach stundenlangem Bieten und ungeduldigen Warten das letzte mal die Webseite schleppend langsam aufbaut und einem hämisch entgegnet: "Sie wurden überboten".
Dieses Gefühl, wenn man auf den Bildschirm starrt, in der Hoffnung, einen für ein zufriedenes Leben wahrlich unwichtigen, aber für den Augenblick der höchsten Gier existentiellen Gegenstand NICHT ergattert zu haben.
Im gleichen Moment sackt irgendwo auf dieser Welt an einem anderen Tisch, vor einem anderen Bildschirm ein anderer Mensch genießerisch seufzend in seinen Stuhl zurück, in dem Wissen, nicht nur seine Gier nach einem unnötigen Gegenstand gestillt, sondern auch einem anderen diesen Gegenstand vor der Nase weggeschnappt zu haben.
Das ist die kleine, niedere Welt von Ebay und seinen Getreuen...Und das war gestern.



Wer den wahren Nervenkitzel sucht, sollte sich also neuen Abenteuern zuwenden. Wie wäre es da mit zoll-auktionen.de? zoll-auktion.de wird in Insiderkreisen bereits als ernstzunehmende Konkurrenz zu Ebay, Hood und Co. gehandelt. Hier, auf zoll-auktionen.de, findet der Konsument mit einem Hang zu Halbwelt, Schmuggel, Kleinkriminalität und Steuerhinterziehung ein Betätigungsfeld der besonderen Art.
Alle, die auf zoll-auktionen.de einen kostengünstigen und zeitgemäßen Umschlagplatz für Drogen, Waffen, exotische Tiere oder Damen vermutet, werden sich jedoch getäuscht sehen. Auf dem deutschen Gegenstück zu Ebay herrschen urdeutsche Verhältnisse.
Nicht nur ist vor der ersten Gebotsabgabe eine verbindliche Registrierung mit Namen und Anschrift beim deutschen Zoll fällig, sondern "Die sich aus der Versteigerung der Sachen ergebenden Rechtsbeziehungen entstehen zwischen Anbieter und Bieter/-in."

Und wer sind die Anbieter? "Die Anbieter sind von Zoll-Auktion zugelassene Behörden und Institutionen von Bund, Ländern und Gemeinden sowie sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, soweit diese im Rahmen der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben tätig werden."
Das klingt wohlgeordnet und läßt vermuten, dass man weder um seine Waren geneppt noch um den Kaufpreis betrogen wird.

Dennoch - für Spannung ist gesorgt. So heißt es in den Versteigerungsbedingungen ganz amtsdeutsch: "Über Zoll-Auktion werden bewegliche Sachen öffentlich versteigert, die entweder a) gepfändet, sichergestellt oder beschlagnahmt wurden oder b) ausgesonderte Gegenstände des Verwaltungsgebrauchs sind. Diese sind als "Privatrechtliche Auktion" besonders gekennzeichnet."
Was aber verbirgt sich hinter Sachen, die "gepfändet, sichergestellt oder beschlagnahmt " wurden? Vielleicht doch Schmuggelware und Drogen? Weit gefehlt!

Das Warenangebot auf zoll-auktionen.de ist breit gefächert:
Da gibt es zum Beispiel unter der Auktions ID: 173859 in der Charge: OS-STA-OS 238/09 einen "Hummer H2-SUV". 27840 Besucher zählt die Seite, 41 Gebote vereint der gelbe Straßenpanzer mit über 20.000 Euro. Dabei läuft das Gebot zu diesem Zeitpunkt noch 13 Tage und sechs Stunden. Es verspricht also ein interessantes Gebotsrennen zu werden.

Nicht so gut hingegen geht "Auktions ID: 175211 / Charge: MD-ZVS-HAL-68-09-01", ein "Schüttgutwagen Gattung FAC" des Hauptzollamts Magdeburg. Wer mit dem Begriff "Schüttgutwagen" so spontan nichts anfangen kann, dem sei hier geholfen: "4-achsiger Güterwagen der Sonderbauart mit dosierbarer Schwerkraftentladung (Schotterwaggon)."
Das Startangebot liegt bei 8.000 Euro, Gebote liegen aber noch nicht vor. Vielleicht ist ja die kstenlose Dreingabe schuld: "Der Waggon ist mit ca. 50 t Neuschotter beladen (siehe Gutachten) - kann auf Wunsch am Standort entladen werden." Sehr tröstlich!

Aber auch für den kleinen Mann oder die kleine Frau hat zoll-auktion.de etwas im Angebot: Zum Beispiel hat "stricklieselomi" eine "Winterjacke gewachsenes Merinofell" für bescheidene 400 Euro gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsfest erboten. Das die Ware "Lagerspuren" aufweist, scheint "stricklieselomi" entweder nicht zu stören oder sie hat es überlesen.

Dafür hat "maddox79" eine 100cl große "Flasche Danzka Vodka red-" für schlappe 8,50 Euro vom Hauptzollamt Heilbronn erstanden. Die verbeulte Blechflasche wird ihn gewiss über den herben Verlust seiner guten Euros hinweghelfen. Vier Gebote gab es für den Trunk, 812 weitere Besucher wollten ihr Geld hingegen für Besseres ausgeben.

Es ist viel los auf zoll-auktion.de: Bücher, Haushaltswaren, Kosmetika, Teppiche oder Werkzeuge und Maschinen - es ist erstaunlich, was sich alles auf zoll-auktion.de verhökern läßt. Nach einem kleinen Überblick über die aktuellen Bestände der Auktionsplattform mache ich mir keine Sorgen mehr, dass die aktuell auflaufenden Staatsschulden nicht im kürzester Zeit beglichen werden könnten.

15 Dezember, 2009

Intelligenz heißt, die Löcher im Universum zu sehen

Worte führen kein Eigenleben, Worte sind immer ein Spiegel derjeniger, die sie aussprechen.

Ein Beispiel:
Immer wieder stoße ich auf die Formulierung der "intelligenten Technik".

Jeder, der sich etwas mit dem "Problem" der Intelligenz beschäftigt, merkt, das Intelligenz mehr ist, als eine Reihe von Daten in einer festgelegten Reihenfolge zu bewerten. Zwar sind bereits mit dieser Methodik die meisten Menschen heillos überfordert. Das kann aber nicht Grund sein, sich auf dieses Niveau zu bescheiden. Auch, wenn die Reihenfolge mit Varianzen ausgestattet ist, meinetwegen das System auf sich selbst referenzieren kann - all das ist noch keine Intelligenz.

Intelligenz besteht ja gerade darin, trotz fehlender Informationen das System dahinter zu entdecken - sozusagen die Löcher im Universum.

Oder anders gesagt: Nicht der Witz beweist die Intelligenz, sondern die Ironie.

Das Technik zur Ironie fähig sei, wäre mir ein Neues. Und das jene, die Technik verkaufen wollen, zu dieser Intelligenzleistung fähig wären, ebenso.

Man muss dabei gar nicht soweit gehen, Überlegungen wie "emotionale Intelligenz" in die Betrachtung mit einzubeziehen. Aber auch sie deutet schon an, sozusagen "aus dem Bauch heraus", das heißt, ohne gesicherte, stringente Datengrundlage können Aussagen gemacht werden - gleichwohl ist das ebenso, wie sein Gegenteil, noch kein Beweis für Intelligenz.

Alles in allem: Wer Technik eine Intelligenz verleihen will, begeht die Gefahr zu verdummen.

Freiheit ist nicht nützlich

Wenn jemand die Nützlichkeit von technischen Innovationen beschwört und daraus ihre Notwendigkeit ableitet, sollte er nie vergessen, dass unsere Freiheit darin besteht, entscheiden zu können, worauf wir verzichten wollen.

11 Dezember, 2009

Motorrad-Crashkurse



Wie lautet der Witz noch:
"Tut's noch weh?"
"Nein, nur wenn ich lache!"

08 Dezember, 2009

Globalisierung feiern


Um die Globaliserung zu verstehen, muss man die Dinge manchmal von unten betrachten: